Die Liebe zwischen Brasilien und Nordamerika war nicht immer unproblematisch, aber sie existiert. Als João Gilberto mit Chega de Saudade den Bossa Nova erfand, dachte er Samba und Musica Nordestina neu, einen entscheidenden Beitrag gaben die Harmonien des Jazz. Es war nicht verstimmt (Desafinado), sondern anders. Über die englische Sprache ging der Bossa Nova in die Welt.
Ana Caram liebt die Grenzüberschreitung. In São Paulo geboren, dort auch einen Hochschulabschluss in Komposition, ging sie nach New York und hatte 1988, als ersten größeren Erfolg, einen Auftritt mit Paquito D’Rivera in der Carnegie Hall. Ihre erste Platte, Rio After Dark von 1989 verzeichnet als Special Guest immerhin Antônio Carlos Jobim. Im Folgealbum von 1992, Amazônia, freundet sie urbrasilianische Literatur mit populärem Jazz an. Auf Hollywood Rio (2004) wird The Shadow of Your Smile zum perfekten Bossa Nova.
Hier nun zu Blue Bossa von 2001. Cool-Jazz und Lounge-Atmosphäre von 1960 werden wach. Fünf der zwölf Titel sind von Jobim, so Desafinado, Triste, Corcovado. Sensibler Gesang mit zart und wirkungsvoll auftretender Rhythmusgruppe: Paulo Braga an den Drums war über 15 Jahre Begleiter von Jobim, die Liste des US-Bassisten David Finck ist lang: Dizzy Gillespie, Aretha Franklin, Herbie Hancock, Elton John … Auch Gitarrist Nelson Faria weiß, wo er hingreifen muss. Fly me to the Moon, ein Vers im Original, wird ansonsten in der Textfassung von Pacífico Mascarenhas zu Leva me p’ra onde, Amor existe de verdade … O Vento von Dorival Caymmi ist dabei, wie auch Só por Amor von Baden Powell. Und natürlich Kenny Dorhams Blue Bossa, ganz im brasilianischen Feeling. Zurücklehnen und genießen!