Es ist schon oft gesagt worden: Es gibt keine schönere Stadt auf der Welt! Dabei aber fast eine Millionen Menschen in Armenvierteln, einen bedrohlichen Strassenverkehr, jede Menge Einheitswohnblöcke, dazwischen zerfallende Kolonialvillen, mit sich beschaeftigte Leute auf den Gehwegen. Und dann sieht man von den bekannten Aussichtspunkten diese unglaubliche Schönheit der Landschaft. Es sind fast sieben Millionen Einwohner, die sich zwischen den grün aus dem Meer aufsteigenden Felsen niedergelassen haben.
Wir sind aus dem Norden Bahias, mit kurzem Aufenthalt in den Bergen von Belo Horizonte, auf dem alten Flughafen Santos Dumont gelandet. Die Maschine kurvt durch die Felsen von Rio, verhilft einem zu einer Stadtrundfahrt von oben und setzt, wenn man schon sicher glaubt, auf dem Wasser zu landen, doch noch auf der 1200 Meter langen Piste zwischen Meer und Meer auf.
Immer wieder hört man, das wahre Brasilien finde man im Nordosten. Gilberto Freyre sah hier die einzige tropische Region auf der Welt, in der die europäische Kultur wirklich eine Verbindung mit anderen Kulturen eingegangen sei. Musikalisch gesehen war der Nordosten im 20. Jahrhundert für die Städte des Südens immer wieder eine Quelle der Erneuerung.
Was ist nun das Besondere an der Musikkultur von Rio de Janeiro? Man muss der Stadt zugestehen, immer wieder das Neue zugelassen zu haben. Die Oberschicht hat irgendwann zugelassen, in ihre aus Frankreich importierten Karnevalsfeste die stark afrikanisch geprägte Musikkultur der Wanderarbeiter zu integrieren. Damit wurde der Samba in den zwanziger Jahren zur neuen Tanzmusik der Mittelschicht. Luis Gonzaga und andere brachten nach 1940 Forró, Baião und ähnliche Tanzmusiken hierher. Um 1960 entstand aus der Fusion mit dem nordamerikanischen Jazz der Bossa Nova. Und die Tropicalisten, in Rio und São Paulo zu Hause, wollten, zugleich als politische Opposition, die Öffnung für die weite Welt.
Sie nahmen auch Bezug auf ihre Modernisten. Im Museu de Arte Moderna, beim Betrachten der Originale von Anita Malfatti, Tarsila do Amaral und Di Cavalcanti, Maler, die in den 20ern die Erneuerung in Paris gesucht haben, kreisen die Gedanken um die Frage, was aus Rio noch Neues kommen wird. Die materiellen Gegensätze sind gross, und doch sind Leben und Fluss beeindruckend, vielleicht ähnlich wie in Paris und Berlin, und sicher kann man noch viel erwarten.