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Brasilianische Musik Neuerscheinungen

Nicht ganz neu, aber gut!

Zwischen den Jahren ein Blick zurück kurz vor die Jahrtausendwende, auf zwei CDs von Chico César (1998 und 99) und eine von Paula Morelenbaum (1999).

Chico César: Beleza Mano und Mama Mundi

In der Zeit zwischen Chico Césars Erscheinen in der Öffentlichkeit, Anfang der 90er, und heute liegen diese beiden CDs, dicht hintereinander, ungefähr in der Mitte. Bekannt ist, dass er es versteht, Funk, Elektro und bodenständige Musik seiner Heimat, Brasiliens Nordosten, organisch zu vereinen. Dabei bleibt es nicht, er hebt die Besonderheiten der Einflüsse, europäische, indianische und afrikanische Anteile, gekonnt hervor. Rhythmische Aufregung und zart schmelzende Balladen. Und sein Gästebuch birgt immer Überraschungen. Mit Lokua Kanza als Sänger zieht Stimmung von zentralafrikanischem Soukous ein (Beleza Mano 4).

Brasilien ist gut ausgestattet mit hervorragenden Akkordeonspielern, dennoch zögert keiner, Dominguinhos als die Nummer Eins zu bezeichnen. Er ist auf Sanfoninda (BM 6) dabei. Als Nummer Zwei kann man ruhig den inzwischen in London lebenden Chico Chagas bezeichnen. Er begleitet auf dem hier schon vorgestellten Pensar em Você (Mama Mundi 4). Und am Pandeiro natürlich immer wieder der vielgefragte Marcos Suzano.

Einige der Stücke sind inzwischen Hits und Ohrwürmer: Auf Paraíba meu amor (BM 16) wird die Erinnerung an die europäische Folklore deutlich. Onde estará o meu amor (BM 5; Wo wird nur meine Liebste sein) kann durchaus mit dem 130 Jahre älteren Gang zum Liebchen von Brahms mithalten. Die Brasilianer sind halt unverbesserliche Romantiker!

Zart getroffen auch das Sou rebelde (MM 11) aus der Feder des spanischen Schnulzenschreibers Manuel Alejandro, in der Textversion von Paulo Coelho:
Ich bin rebellisch, weil es die Welt so will, weil man mich nie mit Liebe behandelt hat, und die Menschen sich vor mir verschlossen. (…) Ich wollte wie ein Kind sein, glücklich und voller Hoffnung, und wollte alles geben, was in mir ist, im Tausch für eine Freundschaft. Und träumen und lächeln, und den Groll vergessen, und singen und lächeln, und nur Liebe fühlen. (Eigene Übersetzung)

Jobim – Morelenbaum

Hinter dem schlichten CD-Titel mit den wohlklingenden Namen verbirgt sich folgendes: Paula Morelenbaum, international gefragte Sängerin, 1964 in Rio de Janeiro geboren, und ihr Mann Jaques Morelenbaum, 1954 in Rio geboren, die Eltern Profimusiker, er selbst Cellist, Komponist und Produzent (u.a. mit Antonio Pinto Filmmusik von Central do Brasil, dt. Central Station) waren zehn Jahre lang Mitglied der Nova Banda, Tom Jobims letzter Band, bis zu dessen Tod im Jahre 1994.

Zusammen mit Jobims Sohn Paulo, Gitarre und Gesang, und seinem Enkel Daniel, Piano und Gesang, bilden sie dieses Quartett, das hier in erstklassiger Qualität zwölf der Bossa-Nova-Legenden von Tom Jobim eingespielt hat. Um einige zu nennen: Água de beber, Ela é  carioca, Só tinha de ser com você, A felicidade, Corcovado, Desafinado, Águas de março – der Bossa-Nova-Interessierte weiß bescheid. Lohnenswert auch das Video von Desafinado, auf dem diese geschichtsträchtigen Personen gut zu sehen sind.

Gastmusiker sind Marcelo Costa, Schlagzeug, Zeca Assumpção, Bass und wiederum Marcos Suzano am Pandeiro.  (Ich nenne ihn immer gern. 2008 hatte ich Gelegenheit, bei diesem großartigen und sympatischen Musiker das Pandeiro-Spiel zu vertiefen.)